Bereits 2014 haben 32 Organisationen aus 27 Ländern, darunter Public Eye und Swissaid, das ein Jahr zuvor vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilte Patent EP2140023 angefochten. Dieses sichert Syngenta die exklusiven Rechte auf gegen weisse Fliegen resistente Peperoni. Da die natürliche Insektenresistenz bloss durch gewöhnliche Züchtung aus einer wilden jamaikanischen in eine kommerzialisierbare Peperoni eingekreuzt wurde, handelt es sich aber nicht um eine patentierbare Erfindung. Wegen der grotesk langen Verfahrensdauer profitiert der Konzern trotzdem seit fast zehn Jahren vom Patent, das in der Schweiz, Spanien, den Niederlanden, Deutschland und anderen europäischen Ländern rechtskräftig ist. Peperoni-Züchter*innen dürfen somit nicht mit der natürlichen Resistenz arbeiten, es sei denn sie erwerben eine Lizenz bei Syngenta.

Dies, obschon das Patent nach der heutigen Rechtslage gar nicht mehr erteilt würde. 2020 reagierte die Grosse Beschwerdekammer des EPA nämlich auf die jahrelangen Forderungen von NGOs, Züchterverbänden und dem Europäischen Parlament und stellte in einem historischen Grundsatzentscheid klar, dass Pflanzen und Tiere aus konventioneller, also gentechnikfreier Züchtung nicht patentierbar seien. Absurderweise gilt dies nach Auffassung der Beschwerdekammer aber nur für Patente, die nach dem 1. Juli 2017 eingereicht wurden. So könnte das EPA in den nächsten Jahren rund 300 hängige Patente gutheissen, die es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte. Einmal erteilt, sind sie noch Jahre gültig und kommerziell nutzbar.

Die Einspruchsabteilung des EPA muss die Versäumnisse der Vergangenheit korrigieren und das Patent nach der öffentlichen Verhandlung* endlich widerrufen. Eine Resistenz aus einer Pflanze in eine andere zu kreuzen ist nicht «erfinderisch» (eine Bedingung für ein Patent), sondern züchterisches Alltagsgeschäft. Das Patentieren einer Insektenresistenz aus einer wilden Peperoni aus Jamaika ist eigentlich gar ein Fall von Biopiraterie.

Patente auf konventionelle Nutzpflanzen behindern den freien Zugang zu Saatgut und damit notwendige Innovationen in der Pflanzenzucht. Sie ermöglichen es Konzernen, ihre Konkurrenten vom Wettbewerb auszuschliessen und befeuern so die Marktkonzentration. Trotz dem wegweisenden Entscheid der Grossen Beschwerdekammer erteilt das EPA noch immer solche, (auch nach 2017 eingereichte) Patente. Denn listige Patentanwälte finden immer neue Schlupflöcher. Für ein endgültiges und wirksames Verbot braucht es deshalb klare politische Vorgaben der Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens, darunter auch die Schweiz.

*Jede interessierte Person kann sich beim EPA per E-Mail anmelden, um die per Videokonferenz durchgeführte Verhandlung vom 16. Februar online mitzuverfolgen (Anmelde-Nummer: 08749952.1).

 

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