Die neue SWISSAID-Studie, die sich auf alle 54 Länder Afrikas bezieht und einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren abdeckt, quantifiziert zum ersten Mal die Produktion und den Handel mit deklariertem und nicht deklariertem afrikanischem Gold. Die Ergebnisse sind überwältigend: Jedes Jahr werden in Afrika zwischen 321 und 474 Tonnen handwerklich hergestelltes Gold produziert, ohne deklariert zu werden. Dies entspricht einem Wert zwischen 24 und 35 Milliarden US-Dollar sowie 75 Prozent der gesamten afrikanischen Goldproduktion, die auf handwerkliche Weise abgebaut wird. Die Untersuchung zeigt zudem einen besorgniserregenden Fakt auf: Der Goldschmuggel in Afrika nimmt immer mehr zu. Zwischen 2012 und 2022 hat er sich mehr als verdoppelt.
Im Jahr 2022 wurden fast 80 Prozent des afrikanischen Goldes (Industrie- und Handwerksgold) in drei Länder exportiert, nämlich in die Vereinigten Arabischen Emirate, die Schweiz und Indien. Die Vereinigten Arabischen Emirate, eine echte Drehscheibe für das Edelmetall, importierten zwischen 2012 und 2022 2’569 Tonnen afrikanisches Gold, das in den afrikanischen Ländern nicht zur Ausfuhr angemeldet wurde, heisst es in der Studie. Das entspricht gesamthaft dem Wert von über 115,3 Milliarden US-Dollar, eine beträchtliche Summe.
Von den Emiraten in die Schweiz
Das afrikanische Gold wird über Dubai in verschiedene Länder transportiert, darunter auch in die Schweiz. Die Schweiz hat zwischen 2012 und 2022 über 1’670 Tonnen Gold aus den Vereinigten Arabischen Emiraten importiert. Da die schweizerische Gesetzgebung beim Import von Gold nur die Deklaration des vorherigen Transitorts verlangt und nicht des Herkunftsorts, wird das Gold als emiratisches Gold betrachtet, ohne dass seine afrikanische Herkunft erwähnt wird.
«Diese Situation ist problematisch, denn seit vielen Jahren landet geschmuggeltes Gold, das potenziell mit Konflikten oder Menschenrechtsverletzungen in Verbindung steht, völlig legal in der Schweiz», beklagt Marc Ummel, Verantwortlicher der Rohstoffabteilung bei SWISSAID und Mitautor der Studie. Er fügt hinzu, dass die Totalrevision des Zollgesetzes, die im Herbst im Parlament diskutiert werden soll, eine Gelegenheit bietet, den gesetzlichen Rahmen zu stärken und die Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen zu verbessern. Dieser Ansatz, der von der Branche unterstützt wird, die ebenfalls eine verstärkte Kontrolle der Raffinerien fordert, hat das bürgerliche Lager aber paradoxerweise bislang abgelehnt.
Transparenz verbessern
Diese Empfehlung ist Teil der Forderungen, die die beiden Autoren am Ende ihrer Recherche an verschiedene Akteure richten, darunter afrikanische Staaten, Behörden der Emirate und der Schweiz sowie die Industrie. Sie zielen darauf ab, die Transparenz zu verbessern, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu bekämpfen und die Einkommensverluste für die afrikanischen Staaten zu verringern.
Die sozioökonomischen Schwierigkeiten in mehreren afrikanischen Ländern und die steigenden Goldpreise in den vergangenen Jahren haben in diesen Regionen einen regelrechten Goldrausch ausgelöst. Die Folge ist eine überstürzte und unkontrollierte Entwicklung von handwerklichen, kleinen und sogar halbmechanisierten Minen, in denen die Arbeitsbedingungen oft katastrophal sind. «Mehr Transparenz im afrikanischen Goldhandel ist unerlässlich, um die Staaten und die Industrie in die Pflicht zu nehmen», sagt Yvan Schulz, Projektleiter bei SWISSAID und Mitautor der Studie. Die Schweiz hat hier eine wichtige Rolle zu spielen, da sie vier der neun grössten Raffinerien der Welt beherbergt und fast 50 Prozent der weltweiten Goldeinfuhren durch ihr Land transportiert.