Und immer wieder trifft es Afrika. Der Kontinent leidet am meisten unter den Folgen des Klimawandels – und dies, obwohl die Staaten und Menschen nicht für den Anstieg der Temperaturen verantwortlich sind. Denn mit weniger als vier Prozent trägt der Kontinent sehr wenig zu den klimaschädlichen Treibhausgasemissionen bei. Im Vergleich: Europa verursachte in den letzten beiden Jahren durchschnittlich etwas mehr als zehn Prozent – mit nur halb so vielen Einwohnenden. Das belegen Daten von «Our World in Data».

«Am hilflosesten und gleichzeitig am stärksten betroffen von der Klimakrise sind die Ärmsten in den Entwicklungsländern», sagt Sonja Tschirren, Klimaexpertin bei SWISSAID. Auf dem afrikanischen Kontinent geht es dabei ums Überleben: Seit 1961 sind dort die Erträge in der Landwirtschaft um über einen Drittel gesunken. Mehr als in allen anderen Regionen der Welt. Weil der Boden versandet. Weil das Wasser versiegt. Mehrere Millionen Menschen mussten deshalb ihre Heimat verlassen.

«Die Sahelzone ist ein Brennpunkt des Klimawandels. Starkregenfälle wechseln sich hier mit Trockenperioden ab.»

Kiswendsida Guigma

Eine Region, die besonders tangiert ist, ist die Sahelzone. «Dies ist ein Brennpunkt des Klimawandels. Starkregenfälle wechseln sich hier mit Trockenperioden ab. Extreme Wetterereignisse werden intensiver, sind weiter verbreitet und treten häufiger auf», sagt Kiswendsida Guigma. Für das Klimacenter, das dem Roten Kreuz angehört, ist der Klimawissenschafter für Westafrika und die Sahelzone zuständig.

Wie überall in Afrika ist auch die Hitze weit verbreitet. In den meisten Regionen ist 40 Grad die Normalität. «Aber Temperaturen steigen bis zu 45 Grad. Darunter leidet die Gesundheit. Die Wasserversorgung und die Ernten nehmen ab, und der Hunger nimmt zu.»

Das sieht Diamnda Merci Memhodjim bei ihrer täglichen Arbeit in abgelegenen Regionen des Tschads. «Auf dem Land ist die Situation besonders kritisch. Es gibt oft nur eine Mahlzeit pro Tag und nicht drei wie in der Schweiz. Immer öfter müssen auch Tage ohne Essen überstanden werden. Die Frauen verzichten zuerst und überlassen das Essen den Männern und Kindern. Die Menschen, die von der Viehzucht leben, legen lange Strecken zurück, um in Gebiete zu gelangen, wo es noch Futter gibt», sagt die SWISSAID-Projektleiterin.

Klimaresistentes Saatgut

Bäuerinnen und Bauern haben über Jahrtausende eine unglaubliche Sortenvielfalt geschaffen, die Ernährungssicherheit, Gesundheit und dauerhafte Anpassungsfähigkeit in Zeiten des Klimawandels gewährleistet. Ihre Spende für regionales, hochwertiges Saatgut ist eine Spende gegen den Hunger auf dieser Welt.

Immer mehr Nothilfe

In diesem Frühling kamen im westafrikanischen Land noch heftige Niederschläge dazu. Gemäss der staatlichen Wetterbehörde regnete es im Tschad so stark wie seit 1990 nicht mehr. Ganze Landstriche standen unter Wasser. Dank der langjährigen Verankerung im Land konnte SWISSAID innert kürzester Zeit Lebensmittelpakete an rund 12 000 Menschen verteilen – und so den schlimmsten Hunger stillen.

 

Nicht besser geht es dem Nachbarstaat Niger. Aktuell sind wieder 2,8 Millionen Menschenleben bedroht. Bereits vor einem Jahr startete SWISSAID ein Nothilfeprojekt im Land. Damals zerstörten schwere Dürren die Ernte. «Wir litten Hunger – selbst die Kinder hatten nichts zu essen und waren ständig krank», erinnert sich Djamila Abdoulaye. Die 30-jährige Mutter erhielt Nahrungsmittelpakete und rasch wachsendes Saatgut, damit die Kleinbäuerin ihre Felder bewirtschaften und später ernten konnte. «Damit kann ich heute meine Familie ernähren!», sagt sie glücklich.

Zwar sei die Situation in ihrem Dorf nicht stabil – aber zumindest müsse niemand hungern. Doch um Menschen wie Djamila Abdoulaye langfristig zu helfen, braucht es ein Umdenken. «Es ist notwendig, dass eine klimaverträgliche Landwirtschaft mit Anpassungsstrategien auf lokaler Ebene eingeführt wird», sagt Kiswendsida Guigma.

Dem stimmt SWISSAID-Klimaexpertin Sonja Tschirren zu. «Wir sind in unseren Projektgebieten seit Jahren daran, gemeinsam mit den Kleinbäuerinnen Wege zu finden, um dem Klimawandel die Stirn zu bieten.»

Dabei gibt es hoffnungsvolle Ansätze. Gerade beim Saatgut. Beispielsweise gibt es verschiedene Hirsearten, die mit wenig Wasser wachsen und leichten Dürren widerstehen. Einheimische Leguminosearten wie die Bambara-Erdnuss und Helmbohnen bereichern den Boden zusätzlich durch Stickstoff – und helfen, Mangelernährung vorzubeugen. Denn diese Pflanzen sind reich an Proteinen, Mineralien und Vitaminen.

Sie trotzen widrigen Lebensumständen im Niger: Djamila Abdoulaye mit ihrer Tochter.

Vielfalt als Plus

Dabei ist die Diversität ein unschätzbarer Schatz. In Zeiten des Klimawandels braucht es eine Vielfalt auf den Feldern: Pflanzen mit kurzen Wachstumszyklen, mit längeren, solche, die bei Hitze besser spriessen, und solche, die mit viel Wasser überleben. Um den Menschen in den betroffenen Gebieten effizient zu helfen, setzt SWISSAID in ihren Projekten neu auf Dorfkomitees, die in Klimafragen geschult sind. Diese empfangen und verbreiten Daten von einer Wetterstation, um den Erntezyklus entsprechend flexibel zu planen.

Denn klar ist: Die Klimakrise lässt sich nur bewältigen, wenn alle zusammenspannen. Guigma Kiswendsida: «Der Norden und der Süden sind Teil des gleichen Planeten. Nur gemeinsam lassen sich Lösungen und Wege finden, um die Krise zu bewältigen.»

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Dieser Artikel ist in der September-Ausgabe des SWISSAID-Magazins erschienen. Hier finden Sie die gesamte Ausgabe