Beda, Ragabta Zarga, Manragna und Khabcha trotten aus dem runden Stall an die frische Luft. Die vier Ziegen haben gerade Blätter und Hirse-Sorgho-Stängel gefressen und frisches Wasser getrunken. Nun sind sie bereit für den Tag draussen in der Steppe. Es ist früher Morgen in Morgué, einem kleinen Dorf im Osten des Tschads. Die Sonne strahlt vom Himmel und heizt die Luft auf. Die Landschaft jenseits der blühenden Gärten ist braun, sandig und trocken.
In den letzten Jahren hatten die Menschen in der Region oft mit Dürre zu kämpfen. Gefolgt von Starkniederschlägen machten die Wetterkapriolen das Leben der Kleinbäuerinnen und Bauern schwer. Oft fehlte es an Grundlegendem. An Nahrung für die Kinder. An einer Ernte, die sie durch die harten Zeiten bringt. «Wir wussten oft nicht, wie wir den nächsten Tag überstehen», erinnert sich Halime Bangara und streicht sich den Schweiss von der Stirn.
Die Kinder haben Milch und besuchen seit kurzem die Schule. Dank der Geissen hat sich unser Leben nachhaltig verbessert.
Halime Bangara, Kleinbäuerin im Tschad
Die 40-jährige Kleinbäuerin ist die stolze Besitzerin der vier Ziegen. Vor drei Jahren besuchte sie für ein SWISSAID-Projekt einen Kurs über nachhaltige Landwirtschaft – und lernte dabei, wie sie und ihr Mann den Boden vielfältiger nutzen können. Sie erhielt drei Ziegen und erfuhr, was die Tiere brauchen, wie sie gehalten werden, warum die medizinische Versorgung wichtig ist. Und wie sich die Tiere paaren und vermehren.
Vielseitiger Nutzen
Die Kleinbäuerin baute mit ihrer Familie einen runden Stall aus Backsteinen mit einem Dach aus Holzwedeln. Dort verbringen die Ziegen die Nacht. Den Tag hindurch ziehen sie von den Kindern bewacht durch die Landschaft und suchen sich ihre Nahrung selbst, bevor sie am Abend in den sicheren Stall zurückkehren. Dort sammelt Halime Bangara den Mist als Dünger für die Felder ein. Dann melkt sie die Tiere und gibt die Milch den Kindern.
Nachdem die Ziegen von den Weiden zurückgekehrt sind, ergänzt Halime ihr Futter mit roten Hirsekörnern, die für die Ziegen ein wahrer Leckerbissen sind.
Seitdem die Ziegen im Stall stehen, erscheint ihr der Alltag leichter; die Nächte weniger von Sorgen geplagt: «Die Kinder haben Milch und besuchen seit kurzem die Schule. Dank der Geissen hat sich unser Leben nachhaltig verbessert», betont die Kleinbäuerin.
Ähnlich geht es Mariam Gamaye. Die 19-Jährige besitzt die Ziegen seit 18 Monaten. Die Kinder im Dorf kümmern sich während des Tages um alle Tiere, während Mariam seit kurzem die Schule besucht und Lesen und Rechnen lernt.
Hier treibt sie die Ziegenherde auf die Abendweide, bevor die Herde die Nacht im Stall verbringt.
So wie Halime Bangara und Mariam Gamaye geht es vielen Frauen, Kleinbauern und Landlosen. Im Globalen Süden gibt es rund eine Milliarde Nutztierhalter:innen. Die meisten davon, rund 600 Millionen, besitzen nur wenige Tiere. Sie leben oft mit weniger als zwei Dollar pro Tag, von der Hand in den Mund.
Wichtige Helfer im Kampf gegen den Hunger
In vielerlei Hinsicht verbessern die Ziegen das Leben der Familien:
- Ausgewogene Ernährung: Die Milch bringt wichtige Vitamine und Mikronährstoffe, wie Proteine und Kalzium auf den Tisch. Besonders für Kinder ist die nahrhafte Milch überlebensnotwendig.
- Grössere Ernte: Ausgelaugte Böden und Erosion durch Wetterextreme führen zu sinkenden Ernteerträgen. Ziegendung als Bio-Dünger macht Böden wieder fruchtbar, gesund und widerstandsfähig. Das sorgt für bessere Ernten und volle Teller.
- Höheres Einkommen: Die Milch lässt sich verkaufen.
- Nötiges Sparkässeli: In ganz harten Zeiten können die Kleinbäuerinnen ein Tier verkaufen. Mit dem Erlös können sie sich und ihre Familie in der Not ernähren.
- Stärkere Frauen: Mit der Tierhaltung sind oft die Frauen betraut. Dies stärkt ihnen den Rücken und sorgt nachhaltig für Gleichberechtigung.
- Sinnvolle Bodennutzung: Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind gar nicht für den Ackerbau geeignet. Der Boden ist zu trocken, zu steil, zu kalt, zu heiss. In diesen Regionen sind genügsame, an die Region anklimatisierte Nutztiere oft der einzige Weg, das Land sinnvoll zu nutzen und nötige Nahrungsmittel daraus zu gewinnen.
Dank der Ziegenmilch kann ich mich und meine Kinder heute gesund ernähren.
Ramou Ibro, Kleinbäuerin und Mutter
Ganzheitlicher Ansatz
Kein Wunder also, nehmen die Ziegen in den Projekten von SWISSAID eine wichtige Rolle ein. Agrarökologie – unser Schlüssel im Kampf gegen den Hunger – würde ohne die Tiere nicht funktionieren. Sie gehören zum Kreis der 13 Prinzipien. Denn gesunde Tiere helfen, die Nährstoffkreisläufe zu schliessen. Sie weiden, pflegen die Landschaft, verzehren Pflanzenresten oder grasen auf Feldern, die nicht für den Ackerbau geeignet sind. Mit ihrem wertvollen Mist können Kleinbäuerinnen den Boden nachhaltig und sorgfältig düngen.
SWISSAID fördert vor allem die Nutzung von kleinen Tieren – wie die Ziegen. Dabei steht immer auch das Tierwohl im Zentrum: das wird mittels Kurse und Weiterbildungen sichergestellt. Den Kleinbäuerinnen stehen Expertinnen zur Seite. Weil nur wenn’s den Tieren gut geht, geht’s auch ihren Halter:innen gut!
Damit es ihren Tieren gut geht, hat auch Ramou Ibro eine Schulung in Ziegenhaltung besucht. «Ich schaue sehr gut zu meinen Ziegen. Sie sind Familienmitglieder und Lebensversicherung in einem». In Kursen zu ökologischer Landwirtschaft hat sie zudem gelernt, wie sie mit Ziegendung die Fruchtbarkeit ihrer Ackerböden verbessern kann. Seitdem wachsen Mais, Okra und Hirse viel besser.
Erfolgreiche Ziegen-Weihnachtsaktion 2023
Dank über 200 Spender:innen haben wir noch vor Weihnachten unser Ziel erreicht! Mit unserer Ziegen-Weihnachtsaktion konnten wir über 45’000 Franken sammeln. Gemeinsam haben wir es geschafft, genügend Geld für 600 Ziegen zu sammeln. Damit befreien sich viele Familien im Tschad aus Hunger und Armut. Ganz herzlichen Dank!