Volker Eick, was ist Ihnen von der Recherche in Erinnerung geblieben?

Volker Eick: SWISSAID hat immer darauf bestanden, dass sie unterstützt, wenn die Betroffenen sich selbst aus ihrer Lage befreien wollen. Schon 1950 – das ist sehr früh – wird von ‹Selbsthilfe› gesprochen. Heute heisst es im aktuellen Leitbild: «Wir ergänzen, unterstützen und begleiten die Anstrengungen unserer Partnerinnen und Partner bei der Verwirklichung ihrer eigenen Ideen». Das ist sehr stark.

Was hat SWISSAID in den vergangenen 75 Jahren erreicht?

Beeindruckt hat mich, dass SWISSAID 1981 die erste Schweizer NGO gewesen ist, die entschieden eine ‹Frauenstelle› eingerichtet hat und diese Einrichtung genauso entschieden wieder geschlossen hat, als SWISSAID feststellte, «so erreichen wir unser Ziel nicht. Wir müssen andere Wege beschreiten». Das kann mühsam sein, aber so sind Hausaufgaben eben manchmal. Sie als solche zu erkennen, das ist die erste wichtige Leistung.

Zudem ist in vergangener Zeit die klare Ausrichtung auf Agrarökologie erkennbar, ihre über Jahre entwickelte und vertiefte Kernkompetenz. Das macht Sinn, denn in den Programmländern setzt SWISSAID schon seit den 1980er Jahren auf die nachhaltige Anbauweise, mit Biodünger, lokalem und vielfältigen Saatgut und regionalen Verkaufskanälen.

Wo ist SWISSAID Ihrer Meinung nach gescheitert?

Ach, wissen Sie, Scheitern ist so ein grosses Wort… Aber wenn Sie unbedingt wollen: 1968 nach Vietnam zu gehen, also sich ein bisschen dem Widerstand gegen das gesamte US-Militär samt Napalm & Co. KG anzuschliessen, das tönt – zumindest von heute aus –nach ‹Scheitern mit Ansage›. 1970 wusste das auch SWISSAID.

Volker Eick ist Politikwissenschaftler und (Mit-)Autor der Festschrift von SWISSAID. Er hat für seine Recherche die Archive die letzten 25 Jahre durchforstet und ein Kompendium aus Anekdoten, historischen Erzählungen und politischen Entwicklungen zusammengestellt.

Warum ist es sinnvoll, in die Vergangenheit zu blicken?

Es ist hilfreich zu wissen, wo man herkommt, denn es hilft, sich zu orientieren, ob man heute auf dem richtigen Weg ist – und es gestern war.

Was wünschen Sie SWISSAID zum Jubiläum?

Nach innen vor allem Kraft, und ich würde gerne hinzufügen: Zuversicht, nur besteht dazu leider wenig Anlass. Die wirklich schwierigen Jahre, in denen wir gegen eine uneinsichtige Politik daheim, gegen profitorientierte Konzernkonglomerate weltweit, gegen korrupte, antidemokratische Regime und Autokraten in den Projektländern, den so verursachten Klimawandel, den Hunger, das Arten­sterben angehen müssen, diese Jahre kommen erst. Eine Schweizer Regierung, die wenigstens 0,7 Prozent des Brutto­nationaleinkommens in die Entwicklungszusammenarbeit investieren würde – wie es die UNO seit Jahr und Tag dringend empfiehlt –, wäre noch kein Durchbruch, aber ein erster wertvoller Schritt. Das Wichtigste scheint mir aber zu sein, sich nicht verrückt machen zu lassen!


Die Publikation erscheint rechtzeitig zum SWISSAID-Geburtstag im Juni. Bis dahin finden Sie auf der Jubiläums-Website regelmässig Neues, Interessantes und Aufschlussreiches über die Geschichte von SWISSAID. Unter anderem lancieren wir im Juni die erste Episode unseres neuen Podcasts zu den Themen Klimawandel, Gender, Landwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit. Wir suchen dabei nachhaltige Antworten auf Sinnfragen und präsentieren Lösungsansätze gegen den Hunger auf der Welt. Schauen Sie regelmässig vorbei!